Berlin, 18.01.2024. Der LesbenRing e.V. begrüßt das Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums (BMJ) zur Reform des Abstammungsrechts. Familien mit zwei Müttern können sich künftig auf deutlich mehr Rechtssicherheit freuen. Unverändert bleibt indes die Situation von trans*, inter* und nichtbinären Eltern und Mehrpersonenkonstellationen. Hier hätte sich der Verband mehr Mut gewünscht.

Was lange versprochen ist und noch viel länger gefordert wurde, rückt nun in greifbare Nähe: Die Reform des Abstammungsrechts wird vom BMJ mit einem ersten Eckpunktepapier auf den Weg gebracht. Ein Schwerpunkt darin ist die gemeinsame Mutterschaft bei gleichgeschlechtlichen Paaren. Die mit der Geburtsmutter verheiratete Frau soll künftig automatisch zweite Mutter werden. Ist das Paar nicht verheiratet, soll die Partnerin der Geburtsmutter das Kind künftig einfach anerkennen können.

„Für viele Regenbogenfamilien ist das ein guter und wichtiger Schritt”,

betont Constanze Körner, Vorständin des LesbenRings.

„Dass die Situation der zweiten Mutter eines gemeinsamen Kindes unbürokratisch gesichert wird, ist ein riesiger Gewinn für das Kindeswohl. Der entwürdigende und langwierige Prozess der Stiefkindadoption wird bei gemeinsam geplanter Elternschaft nun hoffentlich bald der Vergangenheit angehören.”

Bislang greift die automatische rechtliche Elternschaft nur für die Geburtsmutter und ihren Ehemann. Die nicht gebärende Ehefrau muss bisher den Weg der Stiefkindadoption gehen – selbst im Fall eines gemeinsam geplanten Kindes, das mit einem anonymen Samenspender gezeugt wurde. Gegen diese Diskriminierung zog vor mehr als drei Jahren das erste lesbische Elternpaar vor das BVerfG. Mittlerweile sind zahlreiche Verfahren anhängig. Leider ist für diese Fälle keine rückwirkende Reglung zur gemeinsamen Elternschaft vorgesehen.

Blinde Flecken: trans*, inter* und nichtbinäre Elternschaft und Mehrelternschaft

Raum für Kritik bleibt allerdings – die große Revolution im Abstammungsrecht ist nach den Eckpunkten zunächst nicht zu erwarten. “Die rechtliche Elternschaft beschränkt sich weiterhin auf nur zwei Personen”, bemängelt Körner.

„Gerade in Patchwork-Familien oder in der gemeinschaftlichen Familienplanung von schwulen und lesbischen Paaren gehen soziale Elternteile leer aus.”

Auch an der Begriffssystematik wird sich nichts ändern: Die Person, die das Kind zur Welt bringt, ist rechtlich weiterhin Mutter. Für trans*, inter* oder nichtbinäre Elternteile ist das schwer verständlich. “Das Abstammungsrecht ist die Basis aller familienrechtlichen Fragen. Insofern hätten wir uns gewünscht, dass sich die Reform noch mutiger für gelebte Familienmodelle und Lebensrealitäten öffnet”, so die Vorständin.

Der LesbenRing hofft nun, dass den Eckpunkten bald ein Gesetzentwurf folgt und das parlamentarische Verfahren in Gang gesetzt wird, damit ein Inkrafttreten in dieser Legislaturperiode realistisch ist.

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Über den LesbenRing e.V.
Der LesbenRing e.V. ist ein bundesweiter Verein für Lesben*, Lesben*gruppen und Organisationen mit Sitz in Heidelberg und Geschäftsstelle in Berlin. Der LesbenRing e.V. wurde 1982 gegründet. Heute ist der LesbenRing e. V. der bundesweite Dachverband für lesbische* Frauen, Lesben*gruppen und Organisationen. Der LesbenRing hat Sitz und Stimme im Deutschen Frauenrat, ist im Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld vertreten und ist Mitgliedsorganisation der ILGA (International Lesbian and Gay Association) sowie Gründungsmitglied der Eurocentralasian Lesbian* Community (EL*C), dem lesbisch-feministischen und intersektionalen Netzwerk.

Zur Schreibweise: Lesben*
Der Stern (*) will das große Spektrum lesbischer Lebens- und Liebesweisen sichtbar machen. Dazu zählen auch bi- und pansexuelle cis und trans* Frauen, trans* Lesben sowie Non-Binäre und Queers. Um diese Vielfalt lesbischer Lebensformen sichtbar zu machen, nutzt der LesbenRing e.V. die Schreibweise “Lesben*”.