Erinnerungsarbeit und Gedenkkultur
Erinnerungsarbeit und Gedenkkultur
Wie wir uns erinnern macht viel davon aus, wie wir die Welt von heute wahrnehmen. Lesbisches* Leben ist Teil unserer Geschichte, lesbische* Stimmen müssen gehört, lesbisches* Erleben gewürdigt werden.
„Uns lesbischen Frauen ist grundsätzlich alles Wissen über unsere Vergangenheit vorenthalten worden. Dies ist vorsätzlich geschehen, denn es hält uns unsichtbar, isoliert und machtlos. (…) Die Unterdrückung der lesbischen Lebensform erstreckt sich über die Kontrolle zeitgenössischer Vorstellungen und Informationen hinaus auch auf die Kontrolle historischen Wissens.“ (Lesbian History Group, 1991)
Gedenken und Erinnerungskultur lesbischer* Frauen befassen sich auch damit, wie die persönliche Lebensgeschichte mit der Frage nach der sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität verknüpft ist. Im Zentrum stehen die konkreten Erfahrungen und die vielen, durchaus unterschiedlichen und vielfältigen Stimmen jeder Einzelnen, ihre persönliche Sichtweise auf vergangene Ereignisse und ihr Leben. Lesbische* Geschichte ist in der Geschichtsschreibung der Mehrheitsgesellschaft kaum präsent. So wurde und wird die Verfolgung und Ermordung lesbischer* Frauen in der NS-Zeit geleugnet und diese Leugnung ihrer Verfolgungsgeschichte ist ein Teil ihrer Verfolgung. Bis heute bestimmt die massive Homophobie, von der die Mehrheit der überlieferten Zeugnisse geprägt ist, Erinnerungspolitik und Forschung.
Am Gedenken der Opfer im Konzentrationslagers Ravensbrück und des Lagers Uckermark wird die Aneignung der Geschichte lesbischer* Frauen und die Verleugnung ihrer Biografien besonders deutlich. Zuletzt am 1. Oktober 2020 hatten die Initiative „Autonome feministische Frauen und Lesben aus Deutschland und Österreich“ und das „Bündnis der Initiativen zur Unterstützung der Gedenkkugel für die verfolgten und ermordeten lesbischen Frauen und Mädchen im ehemaligen Frauenkonzentrationslager Ravensbrück und Uckermark“, der LesbenRing e.V., RuT Rad und Tat – Offene Initiative Lesbischer Frauen, der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) – Bundesverband, die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH) und der Fachverband Homosexualität und Geschichte (FHG) nochmals einen gemeinsamen Antrag bei der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten eingereicht, der nun zum Erfolg geführt hat. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten hat im Juli 2021 endlich entschieden, die Verfolgung lesbischer Frauen und Mädchen in der Zeit des Nationalsozialismus anzuerkennen und dem Antrag auf eine Gedenkkugel für die verfolgten Lesben im dritten Reich zugestimmt.
Der LesbenRing ist erleichtert, dass die unwürdige Debatte, ob Lesben je verfolgt worden seien und die jahrelange Ablehnung eines Gedenkzeichens endlich ein Ende haben. Mit der Entscheidung der Stiftung für die Gedenkkugel wird das Leid von lesbischen Frauen und Mädchen über ein dreiviertel Jahrhundert nach der Befreiung des Konzentrationslagers endlich sichtbar gemacht.
Die Gedenkkugel wurde im Rahmen des 77. Jahrestags der Befreiung im Jahr 2022 dauerhaft niedergelegt.
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